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Bildquelle: Günter Blaszyk

Am 23.1.2024 konnte die GSG Lünen anlässlich des Holocaust-Gedenktages am 27. Januar einen besonderen Gast begrüßen. Angela Orosz-Richt aus dem kanadischen Montreal berichtete als Zeitzeugin über ihre persönliche Geschichte als eines der Kinder von Auschwitz. 232.000 Säuglinge, Kinder und Jugendliche wurden von den Nationalsozialisten in das Vernichtungslager Auschwitz deportiert. Die meisten von ihnen wurden durch Giftspritzen getötet, erschlagen, erschossen, ertränkt, vergast oder verhungerten. Nur 750 Kinder und Jugendliche, darunter 60 Neugeborene konnten vor 79 Jahren aus dem Vernichtungslager befreit werden. Angela Orosz-Richt wurde am 21.Dezember 1944 in Auschwitz geboren. Heute ist sie eine der letzten noch lebenden Zeitzeuginnen. Begleitet wurde sie von dem Journalisten Alwin Meyer, der in jahrzehntelanger Recherchearbeit die Schicksale der überlebenden Kinder nachverfolgt und in Büchern und der Ausstellung „Die Kinder von Auschwitz – Vergesst uns nicht“ dokumentiert hat, die in Dortmund zu sehen ist. Seinem Bericht und der Erzählung ihres Schicksals folgten in der Aula der Geschwister-Scholl-Gesamtschule über 300 Schülerinnen und Schüler, viele Lehrkräfte und Gäste.

Die Eltern von Angela Orosz-Richt stammten aus Ungarn und wurden nach dem Einmarsch der Wehrmacht aus ihren Lebenszusammenhängen gerissen und in einem Ghetto eingesperrt. 

Von dort aus wurde die mit Angela schwangere Vera nach Auschwitz deportiert. Bei der Selektion nach Ankunft der Deportationszüge an der sogenannten Rampe im Vernichtungslager Auschwitz erklärte der SS-Arzt Josef Mengele sie trotz ihrer Schwangerschaft als „arbeitsfähig“. Sie wurde geschoren, „desinfiziert“, tätowiert und erhielt die Nummer A 6075. Schülerin Lara S. zeigte sich von der Schilderung der Selektion besonders berührt: „Dieses menschenverachtende System der willkürlichen Auswahl ist unvorstellbar grausam und brutal.“

In ihrer Zeit in Auschwitz durchlitt Vera Schwerstarbeit im Straßenbau und in der Feldarbeit, arbeitete unter anderem in der Küche der Experimentierbaracke, in der Josef Mengele seine Menschenversuche durchführte, und wurde selbst von Mengele mit Spritzen gequält.

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Bildquelle: Günter Blaszyk

Kurz vor Weihnachten 1944 brachte Vera mit Hilfe anderer Häftlinge ihr Baby still zur Welt und musste sofort nach der Geburt stundenlang beim Zählappell antreten. Aus der Sorge um ihre kleine Tochter stand sie den Appell durch. Glücklicherweise hatte sie Milch für Angela. So konnte das Mädchen überleben.

Nach der Befreiung von Auschwitz am 27. Januar 1945 war Angela viel zu klein und viel zu schwach, die Ärzte gaben ihr kaum eine Überlebenschance. Doch ein Arzt gab ihr eine Chance. Er hob sie an den Beinen hoch und sagte, dass er sie behandeln würde, wenn sie ihr Köpfchen hebe. Angela Orosz-Richt: „And I lifted my head!“ So konnte Angela, die auch im Alter von einem Jahr nur erst drei Kilo wog, wie durch ein Wunder überleben und über die Zeit zu Kräften kommen. Sahra M. aus dem 10. Jahrgang war vor allem von der Schilderung des Überlebenskampfes berührt: „Man spürt, dass dieser Moment, auch wenn sie ihn nur oder wohl auch, weil sie ihn aus Erzählungen ihrer Mutter kennt, für sie bis heute prägend ist. Die bebende Stimme und gleichzeitig, dass sie so selbstsicher und stark davon berichtet, hat mich sehr beeindruckt.“

Frieda aus der 10a findet es wichtig, dass an der GSG immer wieder die Gelegenheit geboten wird, sich nicht nur mit Texten oder Filmen mit der Zeit des Nationalsozialismus auseinanderzusetzen. „Diese Begegnung werde ich nie vergessen.“ Im Anschluss an ihren Vortrag beantwortete Angela Orosz-Richt noch viele Fragen der Schülerschaft und mahnte die Jugendlichen in der aktuellen gesellschaftlichen Situation Mut zu zeigen sich nationalistischen und rechtsextremen Kräften entgegenzustellen und sich für demokratische Werte einzusetzen.

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Bildquelle: Günter Blaszyk

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